Erzbischof würdigt Vorgänger Kaller

von Norbert Block

Ermländische Priester tragen am 10. Juli 1947 den Sarg von Bischof Maximilian Kaller zum Grab hinter der Kirche St. Marien in Königstein/Taununs. Foto: Archiv Ermlandfamilie

Königstein im Taunus/Münster. Die Hoffnungen für einen erfolgreichen Verlauf des Seligsprechungsverfahren für Bischof Maximilian Kaller steigen. Die gleichnamige Stiftung, die den Prozess federführend begleitet, lässt eine Gebetserhörung prüfen, die den strengen Vorgaben des Vatikans für ein Wunder standhalten könnte. Der Verfahren für den 1947 in Frankfurt am Main verstobenen Vertriebenenbischof und letzten deutschen Bischof im Bistum Ermland (heute Erzbistum) war 2003 gemeinsam von Deutschen und Polen im Wallfahrtsort Werl (Nordrhein-Westfalen) eröffnet worden. An seinen Todestag vor 75 Jahren (7. Juli 1947) wird mit einer Gedenkveranstaltung am Sonntag, 10. Juli, in Königstein/Taunus erinnert. Dort war Kaller auf dem Tag genau vor einem Dreivierteljahrhundert beigesetzt worden.

Mit Bischof Kaller soll eine Persönlichkeit der katholischen Kirche seliggesprochen werden, die sich bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg für die Versöhnung der Deutschen mit den Menschen in den mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten sowie den Frieden unter den Völkern eingesetzt hat. „Wer um den Frieden betet, muss auch dem Frieden leben“, hatte der vom Papst mit der Seelsorge an den heimatvertriebenen Deutschen beauftragte Bischof in seinem Fastenhirtenbrief 1947 geschrieben. Entschieden sprach er sich in diesem Schreiben gegen Rache und Vergeltung aus: „Wir haben dankbar vernommen, dass in aller Welt die Stimmen derer sich mehren, die zur Mäßigung der Vergeltungsansprüche und zur Verantwortung gegenüber dem unteilbaren Frieden der ganzen Menschheit mahnen, der nur auf der Achtung der gottgegebenen Völker- und Menschenrechte geschlossen werden kann.“

Diese Mahnung von damals sei heute angesichts von erneut Millionen von Flüchtlingen in Europa wieder aktuell, betont Norbert Block (Bad Berka), Vorsitzender des kirchlich anerkannten Vereins Ermlandfamilie. „Der Krieg in der Ukraine erinnert an das große Leiden von Millionen von Menschen im Zweiten Weltkrieg und in dessen Folge. Maximilian Kaller hat sich dieser Menschen angenommen. Sein Vermächtnis ist Auftrag für nachkommende Generationen“, fügt Block hinzu.

Der Erzbischof von Ermland, Józef Górzyński (Allenstein/Olsztyn), wird in seinem bereits vor dem Ukraine-Krieg verfassten Grußwort für das „Ermlandbuch 2022“ noch konkreter: „Solch ein unerschütterlicher Glaubenszeuge ist notwendig, auch und gerade in Krisenzeiten, (…) für die vielen, die jetzt und in Zukunft ein ähnliches Schicksal erleben.“

Als Vertriebener selbst heimatlos, widmete sich Bischof Maximilian Kaller aufopferungsvoll seinen Diözesanen und als Päpstlicher Sonderbeauftragter allen Flüchtlingen und Vertriebenen in Deutschland. Er mahnte und stärkte sie, das schwere Los des Heimatverlustes als Kreuz ihres Lebens anzunehmen. Sein Beispiel und sein tröstendes Wort ließen in den Zeiten des Zusammenbruchs tragender Werte neue Hoffnung schöpfen. Sein bischöfliches Leitwort „Caritas Christi urget me – die Liebe Christi drängt mich“ hat er gelebt. Er gab vielen Menschen Mut und Zuversicht, ähnlich zu denken und zu handeln.

„Viele, die ihm noch persönlich im Ermland oder bei den Treffen in seinen beiden letzten Lebensjahren begegnet sind, sprechen von seiner Ausstrahlung, die nachhaltig ist“, betont Msgr. Achim Brennecke (Bergheim), der von der Deutschen Bischofskonferenz als Präses der Ermländer ernannt worden ist. „In meiner persönlichen Wahrnehmung – entnommen dem Zeugnis nicht weniger Zeitgenossen – hat Bischof Maximilian Kaller sich in den beiden letzten Lebensjahren aufgerieben, um seinen Ermländern und auch allen anderen Heimatvertriebenen beizustehen“, so Brennecke.

Bischof Kaller hatte sich immer wieder öffentlich gegen die nationalsozialistische Weltanschauung ausgesprochen und unter den schwierigen Verhältnissen der Kirchenpolitik des Dritten Reiches die pastorale Aufgabe der Kirche verteidigt. Repressalien seitens des NS-Staates gegen ihn und seine Priester waren die Folge. An der von ihm geförderten Seelsorge für die polnisch-sprachige Minderheit hielt Kaller lange fest: Er selbst hatte wiederholt polnisch gepredigt, trotz des von den Nationalsozialisten geforderten Verbots. Für die Gläubigen war Bischof Kaller ein großes Vorbild, der seinen wegweisenden Worten auch entsprechende Taten folgen ließ. Sein Angebot, als Seelsorger in ein Konzentrationslager zu gehen, lehnte der Nuntius ab.

Erzbischof Józef Górzyński erinnert in seinem Grußwort an die von Bischof Kaller als Glaubenskundgebung ausgerufene Diözesanwallfahrt nach Dietrichswalde (heute Gietrzwałd) nur wenige Monate nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. „Zu dieser Großveranstaltung kamen im Jahr 1934 bis zu 50.000 Menschen zusammen, um in einer immer gottloseren Zeit ein starkes Bekenntnis für den christlichen Glauben abzulegen“, so Górzyński. In dieser Tradition stünden auch heute noch die Wallfahrten nach Dietrichswalde, zu denen seit mehr als 30 Jahren auch stets Pilger aus Deutschland kommen. „Auf diese Weise verbindet Bischof Kaller heute Polen und Deutsche, in dem sie gemeinsam beten und ein Zeugnis für den völkerverbindenden Glauben ablegen“, betont der Erzbischof.

Im Rahmen des Seligsprechungsverfahrens prüft die katholische Kirche, ob Kallers Wirken als Beispiel christlichen Lebens für die Kirche eines Landes, eines Bistums oder auch für eine bestimmte kirchliche Gemeinschaft herausgestellt werden kann. Dabei wird hinterfragt, ob er – auch 75 Jahre nach seinem Tod - noch von vielen Menschen verehrt wird.

INFO: Gedenken an Bischof Maximilian Kaller, Sonntag, 10. Juli, Königstein/Taunus; 10.30 Uhr Festhochamt in Kollegskirche, 14.00 Uhr Festakt im Haus der Begegnung mit Vortrag „Maximilian Kaller – ein prophetisches Leben“, 16.00 Uhr Ermländische Vesper (Pfarrkirche St. Marien), 16.50 Uhr Statio am Grab (Pfarrhof St. Marien)

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