Gedenktag für Flucht und Vertreibung

von Norbert Block

Bei der traditionellen Ermlandwoche in der Bildungs- und Ferienstätte Eichsfeld in Uder erinnerte der Vorsitzende des Ermlandfamilie e.V., Norbert Block, an das millionenfache Leid, dass die Menschen in Folge des Zweiten Weltkrieges erlitten haben. Es sei wichtig, die Erinnerungskultur daran wachzuhalten. Diejenigen, die noch zur Erlebnisgeneration zählten, sollten ihre Geschichte aufschreiben und  Kindern, Enkeln und Urenkeln weitererzählen. Er bedauerte, dass in den Geschichtsbüchern in den Schulen das Thema Flucht und Vertreibung nur als kleines Randthema behandelt würde.

Mit Blick auf die aktuellen Flüchtlingsströme sei es wichtig, sich  an die geschichtlichen Ereignisse des eigenen Volkes zu erinnern, so Block. Daher seien die Flüchtlinge und Vertriebenen von einst nunmehr besondere Fürsprecher für die Flüchtlinge von heute.

Vertriebenenbischof Reinhard Hauke hat aus Anlass des ersten Jahrestages für die Opfer von Flucht und Vertreibung einen Gruß an alle katholischen Christen gerichtet, die Flucht und Vertreibung erlitten haben. Er hat folgenden Wortlaut:  

"Liebe Schwestern und Brüder,

mit großer Freude können wir heute am 20. Juni 2015 den 1. Gedenktag an Vertreibung und Flucht begehen, der durch die Bundesregierung eingeführt worden ist. Nach jahrelangem Bemühen ist es in einer Zeit gelungen, wo in der Welt wiederum etwa 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind und ihr Leben vor Terror und Krieg in Sicherheit bringen wollen. Nach dem 2. Weltkrieg war die Ursache der Vertreibung eine andere! – das wissen alle. Die Wirkung jedoch war die gleiche, denn Hunger, Durst, Obdachlosigkeit und Angst, die Strapazen nicht zu bestehen, gab es damals und gibt es heute.

Wir Katholiken feiern diesen Tag an einem Samstag, der dem Gedenken der Gottesmutter Maria gilt. Maria und Josef waren mit ihrem Kind auf der Flucht nach Ägypten, weil sie dort Sicherheit für ihr Kind und sich erhofften. Sie haben sich dort eine neue Existenz aufgebaut. Sie lebten aber wie viele Flüchtlinge  in der Hoffnung, wieder heimkehren zu können. Nach dem Tod des Herodes Antipas war es ihnen wieder möglich. Die meisten Vertriebenen des 20. Jahrhunderts konnten nicht wieder zurück. Sie fahren gern heute an die Orte ihrer Kindheit und helfen tatkräftig mit, dass die Kirchen, Kapellen und Friedhöfe in einem ordentlichen Zustand sind. Das ist für alle Vertriebenen auch ein Stück Versöhnung mit der erlittenen Geschichte.

Ich wünsche mir, dass für alle Deutschen dieser Gedenktag an einen bedeutsamen Abschnitt der deutschen Geschichte und Kirchengeschichte ein bleibender Anlass ist, an die Folgen von Krieg und Machtstreben zu erinnern, um Ähnliches zu verhindern. Ich danke Gott, dass er den zahlreichen Vertriebenen die Kraft gegeben hat, einen Neuanfang zu wagen. Möge Gottes Segen auch weiterhin auf ihrem Tun liegen und heilsam sein.

Erfurt, den 20. Juni 2015

+ Weihbischof Dr. Reinhard Hauke
Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz
für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge"

Zurück