Priesterbruderschaft statt Konsistorium

von Norbert Block

Nachfolgend der Ostergruß von Msgr. Achim Brennecke, bis 2015 Dekan des Ermländischen Konsistoriums:

Liebe Ermländer,  

seit Einführung des neuen „Gotteslobes“ erfreut sich in den Pfarrgemeinden meines Seelsorgebereichs das österliche Lied „Bleibe bei uns, du Wanderer durch die Zeit…“ (GL 325) großer Beliebtheit. Unverkennbar ist die Verbindung zur Emmausgeschichte (Lk 24, 13- 35), die im Liedtext von Peter Gerloff immer wieder anklingt und durch die eingängige Melodie von William Henry Monk regelrecht zum Ohrwurm wird. 

Das Lied verkörpert die Bitte der Christenheit an den HERRN sowie bereits damals die Emmausjünger gebeten haben: „Bleib doch bei uns …“ (Lk 24, 29). Vorweggegangen war die Flucht, der Weg von Jerusalem, nachdem Jesus dort den grausamen, brutalen Tod am Holz von Golgotha gestorben war. „Weit war der Weg. Wir flohen fort vom Kreuz …“ (GL 352,2). Heute fort aus Aleppo und Homs, vor über 70 Jahren aus den Orten und Städten Ostpreußens und damals aus Jerusalem. Die Welt sinkt in Nacht und Dunkelheit - hört die Brutalität niemals auf? 

Es gibt Phänomene, die wiederholen sich in der Geschichte der Menschheit immer wieder. Es gibt die fetten und die mageren Jahre in den Traumgeschichten des alttestamentlichen Joseph, es gibt die Höhen und Tiefen im Leben der Völker, der Familien und auch im eigenen Leben. „Tempora mutantur et nos mutamur in illis“ - die Zeiten ändern sich und wir ändern uns mit ihnen. 

Wir sprechen von „Wandlungen“ im Leben der Welt und auch im eigenen. Betrachten wir Fotos aus unserem Leben, so stellen wir viele Verwandlungen fest: die Größe, das äußerliche Erscheinungsbild, Falten im Gesicht, die Farbe der Haare.  Durch diese Bilder werden wir innerlich zurückversetzt in die Zeit der Aufnahmen und empfinden Gefühle tiefer Erinnerungen. „Weißt Du noch?“ Wir fühlen uns auf einen Weg der Erinnerungen gesetzt, besonders dann, wenn wir mit Wegbegleitern zusammenkommen und uns austauschen.

 Das Gespräch über Vergangenes und Gegenwärtiges ist immer wieder wichtig für die Orientierung in Zukunft. So haben wir nach der Emeritierung unseres lieben Visitators Msgr. Dr. Lothar Schlegel einen nicht einfachen Prozess der Umwandlung der Visitatur Ermland in unsere heutige „Ermlandfamilie e.V.“ vorgenommen. Geblieben sind das vertraute Ermlandhaus in Münster mit zwei Angestellten und die Ermlandbriefe als Verbindungsorgan - mittlerweile in einem neuen und farbigen Erscheinungsbild. Veränderungen im Erscheinungsbild, aber geblieben ist die Verbundenheit zum Ermland, was mehr ist als Herkunft, Vergangenheit und Kulturlandschaft. 

Gestatten Sie mir einen Vergleich aus meiner Umgebung. Der Kölner, auch schon mal „der Kölsche“ genannt, spricht liebevoll von seiner Heimat und sagt: „Kölle ist ein Gefühl“. Damit drückt er die „Leib-Seele- Verbindung“ aus, wenn er an seine Heimat denkt. Mag dies nicht auch irgendwie für das Ermland gelten? Ermland ist mehr als Erinnerung, mehr als die wunderschöne Landschaft zwischen Haff und Masurischer Seenplatte - Ermland ist auch Gefühl, spiritueller Grund und tiefer religiöser Glauben, der sich festmacht an dem Glaubenszeugnis einer mit Kirchtürmen durchzogenen Landschaft, aber vor allem auch an dem Zeugnis unserer Vorfahren.   

Eine weitere Veränderung zeigt sich seit dem letzten Jahr auch in der Umwandlung des „Ermländischen  Konsistoriums“ in eine zukünftige „Ermländische Priesterbruderschaft St. Andreas“. Damit folgt das Konsistorium den Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz, die siebzig Jahre nach Kriegsende die alten Strukturen der Vertriebenenseelsorge (z.B. Visitaturen, Konsistorien u.a.) auslaufen lässt. Gleichzeitig versichert die Deutsche Bischofskonferenz, dass das Engagement von Katholischen Vertriebenenorganisationen auch weiterhin gefördert werden soll. Durch die Umwandlungen von Visitatur und Konsistorium in einen „Ermlandfamilie e.V.“ und in eine „Ermländische Priesterbruderschaft St. Andreas“ erhoffe ich im Hinblick auf die Deutsche Bischofskonferenz gute Voraussetzungen für eine zukünftige Zusammenarbeit und eine gedeihliche Seelsorge in der Zukunft.

Die Mitglieder des Konsistoriums, die den Schritt der Umwandlung in eine Bruderschaft in Anwesenheit des emeritierten Visitators und des Alt-Erzbischofs Dr. Edmund Piszcz vollzogen haben, möchten auch in der Zukunft die Arbeit der Ermlandfamilie begleiten und die ermländischen Gottesdienste, Wallfahrten und dergleichen mitgestalten. Mag sich auch einiges geändert haben und ändern, so habe ich an uns alle die Bitte, auch zukünftig zusammen zu stehen und in unserem Engagement nicht nachzulassen. Unser Ermland hat es verdient, dass wir in seine Zukunft investieren. Die Emmausjünger sprechen in der zweiten Strophe des genannten Osterliedes (GL 325,2): „Brennt nicht in uns ein Feuer, wenn du sprichst?“ 

Bitten wir den HERRN immer wieder neu: „Bleibe bei uns, du Wandrer durch die Zeit!“ ER, der sich in jeder hl. Messe vor unseren Augen verwandelt in Brot und Wein, kann auch uns verwandeln und uns aus der Mutlosigkeit, Verzweiflung und Ausweglosigkeit herausführen und nach der Dunkelheit das Licht sehen lassen, das ER selber ist. „Lass uns dich sehn im letzten Abendschein. Herr, deine Herrlichkeit erkennen wir: Lebend und sterbend bleiben wir in DIR!“ (GL 325,3). 

Im Namen der Ermlandfamilie e.V., mit unserem emeritierten Visitator Msgr. Dr. Lothar Schlegel und im Namen aller Mitbrüder wünsche ich Ihnen die heilende Begegnung mit dem auferstandenen HERRN! Jesus lebt, mit IHM auch! 

Ihr/Euer Msgr. Achim Brennecke, Ermlandfamilie e.V. 

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